Abschied von Haus im Ennstal
Am Sonntag, dem 12. Juli 2020 feierte Diözesanbischof Dr. Wilhelm Krautwaschl mit der Pfarrgemeinde Haus im Ennstal am Gelände des Pfarrkindergartens den Abschiedsgottesdienst für die Schwestern. Nach 149 Jahren wurde diese Niederlassung der Franziskanerinnen in Haus aufgelassen. Den Gottesdienst umrahmten der Shalomchor, die Weißenbacher Sänger und die Marktmusikkapelle Haus. Zurückblicken, erinnern, gemeinsam dankbar für die gute gemeinsame Zeit – bei der anschließenden Agape war jeder dazu eingeladen. Provinzoberin Sr. Sonja Dolesch verknüpfte in ihrer Predigt die Sonntagstexte vom Sämann und vom Frucht-bringen mit dem Wirken der Schwestern an diesem Ort. Wir bringen eine Nachlese:
In der Chronik der Filiale „Haus in Obersteier“ ist zur Entstehung festgehalten:
„In dem schönen Ennstale der oberen Steiermark liegt der freundliche Marktflecken Haus, umstanden von schön geformten himmelragenden Bergen. Die Bewohner dieses Marktfleckens sind teils Katholiken teils Protestanten …!“
Im Jahre 1871 bemühte sich der Kreisdechant von Haus/E., Anton Raaber darum, „den Katholiken des Marktes Haus eine „gründliche und innige Frömmigkeit einzupflanzen“. Die große Zahl der Kinder machten die Anstellung eines „Unterlehrers“ und einer „Industrielehrerin“ notwendig. „Da aber bei dem herrschenden Lehrermangel keine Aussicht war, solche zu bekommen,“ nahm der Herr Kreisdechant „nach Gebet und reiflicher Überlegung diesen Umstand zum Anlass“, sein Anliegen dem damaligen Fürstbischof Johann Baptist Zwerger und der Oberin M. Katharina vorzubringen.
Das Schreiben lautet wie folgt:
„… ich schreibe etwas sehr Wichtiges, das große Folgen haben kann, wenn Sie da nicht eingehen können und wollen. In Haus geht ein Unterlehrer ab. Es ist bis jetzt kein brauchbarer gekommen. Schon in der letzten Bezirksschulratssitzung ist auch der Wunsch nach einer weiblichen Lehrerin ausgesprochen worden. Herr Junghans, Obmannstellvertreter, ersuchte mich, dass ich in Graz eine solche zu erfragen trachte. Ich sagte zu. Gestern aber erfasste mich der Gedanke, ob diese Gelegenheit nicht etwa Veranlassung sei, dass mein innigster Wunsch nach Schulschwestern sich realisiere. Freilich … es müsste erst ein Haus gesucht werden, in welchem die Mädchen ihre Schulen und die Schwestern ihre Wohnung hätten. Die Zahl der Kinder würde zirka 65 sein. Aber ein förmliches Institut könnte der Besoldung wegen gleich anfangs nicht errichtet werden. Es würde ihnen zugewendet werden, was der Unterlehrer und die Industrielehrerin sonst bekämen. Wäre es denn ausnahmsweise und nur zeitweilig nicht möglich, dass nur eine geprüfte Lehrerin und eine Mitschwester, die in weiblichen Arbeiten bewandert ist, käme? Zwei Personen würden leichter leben und was ihnen mangelt, könnte ich ihnen bieten an Esswaren und etwas Geld. An geistlicher Pflege soll es mit Gottes Willen nicht mangeln, auch wären sie Gröbming nahe. Vielleicht fände bald eine Dritte Platz und Auskommen. Ich sehe vorzüglich in der besseren Erziehung und Bildung der Mädchen für diese arme Gegend eine bessere Zukunft. Es sind einige sehr talentierte Mädchen, die soweit gebildet und begeistert werden könnten, dass sie inständig um Aufnahme in das Kloster finden würden.“
Und M. Katharina antwortete prompt: „Wenn er, der Dechant, alles in Ordnung habe, würde sie Lehrerinnen schicken.“ So konnte am 26. Juni 1871 die Tätigkeit der Schwestern in Haus beginnen. Bereits im September 1871 berichtete der Hauptpfarrer von Haus, unter welchen Bedingungen die Filiale der Schulschwestern samt der Mädchenschule in Haus errichtet worden sei: Es sei weder ein Fond noch ein Haus vorhanden; das Gehalt sei sehr gering, doch die Gläubigen hätten sie bis jetzt vor jedem Mangel bewahrt. Der Gutsbesitzer Junghans habe das Haus gegen äußerst geringe Entschädigung, die die Gemeinde leiste, auf unbestimmte Zeit zur Verfügung gestellt. Es sei für die Anschaffung eines Hauses samt Garten und Sicherstellung des Unterhaltsfonds Sorge zu tragen. Die Arbeit der Schwestern wird als vortrefflich beschrieben. (vgl. Sr. M. Andrea Petz, Mitten unter den Menschen, Bd. 1, S. 292)
Nach einer Unstimmigkeit bezüglich der Wohnung der Schwestern ging man 1905 daran, ein eigenes Haus für die Schwestern zu planen und eine Klosterschule zu gründen. Ein Bauplatz oberhalb der Kirche – er war im Eigentum der Pfarre und konnte sehr günstig erworben werden – wurde ausgesteckt und sehr bald wurde mit dem Bau begonnen. 1907 siedelten die Schwestern in ihr „Klösterlein“. Am 6. Oktober wurde die Weihe der Schwesternwohnung und auch die Weihe der Schulräume vorgenommen. Später wurden „Bauerntöchterkurse“ gehalten, eine Haushaltungsschule eröffnet, ein Kindergarten geführt, bis dann die Haushaltungsschule geschlossen, der Kindergarten von der Pfarre übernommen und das Haus verkauft wurde. 2001 übersiedelten die Schwestern schließlich in den Pfarrhof.
Das Leben und Wirken der Schwestern in Haus kann wie ein Gleichnis des Himmelreichs gelesen werden. Die Schwestern haben 149 Jahre gesät!
Wir glauben, dass die Worte des Propheten Jesaja (Lesung) sich erfüllen werden:
„Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“
So möchte ich für uns alle – besonders für Sie und alle Menschen in Haus und im Seelsorgeraum bitten:
Herr, unser Gott, vielfältig sind – besonders heute – die Eindrücke: Bilder, Geräusche, Angebote, die den Samen deines Wortes übertönen und ersticken. Komm uns zu Hilfe mit deinem Geist und mache uns hellhörig und aufmerksam für deine Stimme. Lass das Reich Gottes in uns und unter uns wachsen. Amen.